Steff Leins

"When life gives you waste, offer art!"


Mein letztes eigenes Bild 2023 setzt sich mit "Widerstand gegen Faschismus" auseinander. Ausgehend von einer Konzentrationslagerjacke als Fratze des Faschismus (mit den verschiedenen Wimpeln für die Jacke, die die Zugehörigkeit der Insassen definierten) stelle ich mir die Frage, welche Widerstandsform gegen diesen Wahnsinn die "richtige" sein könnte. Der ZEN-Weg kann sicher als eine Form des gewaltfreien Widerstands gesehen werden. Thich Nhat Hahn sagte ja: der einzige Weg heraus ist nach innen! Diese Fragestellung ging mir bei Bild 1 durch den Kopf. Passt das so für mich? 

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Nicht so ganz....Das zweite Bild wird ergänzt durch eine militante Widerstandsform gegen die Nazis, nämlich der französischen Resistance. Also Gegengewalt als letzten Ausweg.

Jetzt habe ich eine Form des gewaltfreien und des militanten Widerstands gegen faschistische Willkür. Beides ist für mich in Ordnung. Spielt nun in meinem pazifistischen Weltbild die Form des Widerstands die entscheidende Rolle?

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Nein. Die Form ist egal, Hauptsache der Faschismus mit seinen Ausprägungen wird gestoppt, egal wie. Ein Patchwork an Widerstandsgruppen, NGOs, antikapitalistischer Gewalt entsteht. Und die Frage: hat der Kapitalismus heute nicht die gleiche verheerende Wirkung wie der Faschismus damals? (wobei Putins Krieg heute für mich natürlich Faschismus ist, oder Bolsonaros Umgang mit Indigenen, oder Erdogans Krieg gegen die Kurden,Trumps Hetze, AFD, Nestle, RWE........? 

Stoppt der Klimawandel den kapitalistischen Wachstumsglauben, das nationalistische Machtinteresse, das über Leichen geht? ....und hat beim Kampf "Arm gegen Reich" - Reich nicht längst gewonnen? Der Faschismus hat heute ein anderes Gesicht und macht sich auch in Deutschland weiter breit.

Widerstand & Faschismus 3
Widerstand & Faschismus 3





Was bedeutet für mich AUSDRUCKSMALEN?      

(eine Einleitung von Stefan Leins)


“Wenn du zu deiner reinen Quelle willst, mußt du durch ein Meer von Tränen!” 


Als mir dies in einem Seminar prophezeit wurde, machte sich schon beim Hören der Worte Widerstand in mir breit. Und welche Methode könnte es wohl sein, die mir durch ein Meer von Tränen hilft?                                      

Da mir die reine Quelle zu erleben, ein so verlockendes Ziel zu sein scheint, ließ und lasse ich mich auf verschiedene Wege (Methoden) ein. Anders ausgedrückt: Wie kann ich mein Leiden verringern und Glück vermehren?!

Eins weiß ich schon heute: für mich ist es wichtig, etwas zu tun; frei nach dem Motto- “Talking is over, action is on!” Das Tun bringts, nicht das Reden. Damit komme ich nach selbsterfahrener Gesprächstherapie, einzeln und in der Gruppe, Hakomie, Rebirthing, Zazen, Encounter, etc. zum AUSDRUCKSMALEN:

ein sanfter, aber geradliniger Weg zur Quelle!


Wie sieht so eine Malsession aus?                             

Ich stehe der packpapierbeklebten Wand gegenüber, beginne mit der ganzen Hand Leim auf das große Blatt Papier zu matzen, schmiere es ordentlich ein. Jetzt muß es nachgespannt werden, weil es wie ein nasser Sack an der Wand hängt. Spontan ausgewählte Farben klatsche ich mit den Fingern drauf, oder ich wähle Rolle, Spachtel,Pinsel. Mit den Fingern gehts jedenfalls direkter ins Gefühl. Ich spiele mit den Farben und Techniken, absichtslos, konzeptlos. Kein Gedanke ist es jetzt wert, daran zu kleben. Irgendwann kommt der Punkt, an dem ich hängen bleibe, und mir von dem Malleiter Impulse, oder einfach Austausch wünsche.

Oder entsteht aus meinem Tun etwas? Mit etwas Abstand und zu Sehschlitzen zusammengekniffenen Augen betrachte ich meine Bemühungen. Ahne ich eine Gestalt,Gesicht, etwas Konkretes? Mit dem Pinselstil kratze ich Umrisse und male dann weiter, um das Entdeckte deutlicher erkennbar werden zu lassen. Wenn ich mich blockiert, leer, angespannt, hilflos oder sonst etwas mich vom Malen abhält, rufe ich den Malleiter zum Beistand. Wo bist du? Wie gehts dir mit dem Bild? sind Fragen, die den Austausch zwischen uns in Gang , und mich in den Malfluß zurückbringen. Manchmal ist dieser Fluß nur einmal unterbrochen, öfter mehrmals. Ich weine, tobe, freue mich, lache, bin stolz, und fühle mich von der Mal-Begleitung unterstützt, aufgefangen oder einfach nur akzeptiert. Das Bild ist fertig, wenn ich das Gefühl habe, es ist stimmig und rund geworden. Das abschließende Gespräch zwischen Malleiter und mir klärt dies auf: Gehts mir gut mit dem Ergebnis?                                             

Wichtig ist dabei nicht, ob es ein schönes Bild ist, sondern daß ich für mich etwas ins Reine gebracht habe. Wenn mir das fertige Bild auch noch gefällt, umso besser!!



Im Malprozess bin ich der Verantwortliche für das Tempo, für die Intensität. Erst wenn die Zeit reif ist, kommt die tiefe Emotion. Es gibt eine Entwicklung, den Prozess, zu diesem Punkt hin. Da ich mich mit mir auseinandersetzen muß, ist es gut, nicht alleine in diesem reizarmen Atelier zu sein. Ich bin mit mir und der Wand allein und doch gibt es Vertrautheit und Sicherheit durch die Gruppe. Jeder kämpft mit sich, leidet, freut sich. Es gibt keinen Grund zum Bewerten, Vergleichen oder Neiden. Wir gehen jeder für sich und trotzdem gemeinsam durch diesen Prozess.

Und wenn es wirklich brenzlig für mich wird, ist jemand da, der mir den Rücken stärkt, der nicht bewertet oder urteilt über das, was ich rauslasse. Der Leiter kann mich in meinem “So-Sein” annehmen und akzeptieren, auch wenn ich nur Mist male! Ich darf meine Tabus knacken, nehme die Wucht raus, indem ich mir malerisch den inneren Schweinehund anschaue. Das ist sehr, sehr befreiend!!! Die Horrorszenarios verlieren ihren Schrecken. “Negativ-Gefühle”, wie Wut, Trauer, Schmerz, Neid, Mißgunst, dürfen sein, und ich erlebe keine Strafe, Zensur, sondern werde vom Leiter dazu bestärkt in diese Gefühle zu gehen - denn erst dann kann ich sie auch wieder loslassen oder überwinden.

Was ist die Konsequenz? Für mich hat Ausdrucksmalen eine heilende Kraft. Es entsteht ein weniger an Angst, ein mehr an Selbstwertgefühl, Sicherheit & Gelassenheit, letztlich mehr Lebensfreude!

Als Begleiter von Malgruppen ist in mir der Wunsch noch größer geworden, das Erfahrene und Gelernte an andere weiterzugeben. Das hat etwas mit meiner Dankbarkeit für das Erlebte zu tun,- und mit dem Gefühl auch etwas wirklich Wertvolles zum Weitergeben zu haben. Ausdrucksmalen ist ein guter Weg. Er funktioniert!

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AUSDRUCKSMALEN -

einige theoretische Grundlagen von Laurence Fotheringham

                                   

ÄUSSERER RAHMEN                                             

Für mich unterscheidet sich das Ausdrucksmalen von anderen künstlerischen und therapeutischen Malformen durch folgende, äussere Merkmale:                                            

Atelier:

Ich biete Ausdrucksmalen in einem nach aussen abgeschirmten Raum an. Dadurch finden die Malenden einen leichteren Zugang zu den inneren Bildern. Sie werden nicht abgelenkt von äusseren Einflüssen, Tages- und Jahreszeiten, Wetter, usw. Der gleichbleibende Rahmen vermittelt ihnen, unabhängig von ihrer inneren Befindlichkeit, ein Gefühl der Sicherheit und Geborgenheit.                                               

Material:

Ich stelle eine reichhaltige Auswahl von leuchtenden Gouachefarben zur Verfügung. Gemalt wird mit Pinseln, Spachteln, Schwämmen, Händen und Fingern. Die grossen Bogen Papier werden an der Wand befestigt, sodaß die Malenden stehend arbeiten können. Die vielen Farben laden zu einem spielerischen Umgang ein. Die stehende Haltung erlaubt ihnen die stete Gegenüberstellung mit ihrem Bild.                             

Thema:

Ich gebe kein Thema vor. Das Thema ergibt sich für jeden Malenden ganz individuell je nach dem persönlichen Befinden und der augenblicklichen Stimmung.                  

Technik:

Ich erteile keinen Unterricht und gebe keine Vorlagen. Maltechnische Probleme meistern die Malenden durch Ausprobieren und Üben. Sie sind herausgefordert, die Dinge nach ihrer Erinnerung zu malen, so gut, wie sie es im Augenblick können. Daraus folgt, daß absolut keine Vorkenntnisse im Malen nötig sind. Wichtig aber ist Neugier und eine gehörige Portion Risikobereitschaft.                                        

Arbeitsweise:

Übermalen ist für mich der Kernpunkt im Ausdrucksmalen. Wenn ein Bild nicht gefällt, kann es übermalt und immer wieder abgeändert werden, bis der Malende von der Aussagekraft des Bildes ganz befriedigt ist. Die Entwicklung, der Weg, die ständigen Veränderungen eines Bildes sind von zentraler Bedeutung. Sie führen hin zu neuen Erkenntnissen.        

Bewertung:

Die Bilder werden weder von mir als Leiter, noch von der Gruppe beurteilt. Sie werden nicht interpretiert, nicht psychologisiert und weder negativ, noch positiv bewertet. Auf diese Weise entsteht ein geschützter Raum, in dem die Malenden frei experimentieren und zu ihren Stärken und Schwächen stehen können.

                                                     

INNERES BILD                                                

Meine Arbeit ist geprägt von der Überzeugung, daß Entwicklung und Wachstum zu einem selbständigen, kreativen handlungs- und beziehungsfähigen Menschen nur möglich ist, wenn wir die ursprüngliche, kindliche Art zu lernen wiederentdecken. Dieses ganzheitliche Lernen führt uns Schritt um Schritt zurück zu unserem Urvertrauen, und damit zu der Erfahrung, daß wir sowohl menschlich, als auch göttlich sind.

Prozess:

Meine Arbeit ist prozessorientiert. Das heißt, der Malende tritt in einen schöpferischen Prozess ein, ohne ein genau definiertes Ziel. Das Endergebnis ist ebenso ungewiss, wie die Zeit, die dafür benötigt wird. Wie ein Kind ist er/sie getrieben von kreativer Neugier und Entdeckungslust. Die Erfahrungen und Erlebnisse auf dem Weg führen zu neuen Erkenntnissen. Sie sind ebenso wichtig, wie das fertige Bild, welches das sichtbare Ergebnis des durchkämpften Weges ist, im Einklang mit seinem Schöpfer steht und diesen oft tief beglückt und mit Stolz erfüllt.

Wertsystem:

In meiner Arbeit gilt ein offenes Wertsystem. Ich beurteile die Malenden und ihre Bilder weder positiv, noch negativ, bewerte nicht als richtig oder falsch, schön oder hässlich, gut oder schlecht. Oft reailsiert der Malende erst dadurch, wie stark er im Leistungssystem verhaftet ist. Er ist ständig konfrontiert mit seinen übertriebenen Ansprüchen an sich selber, mit seinem inneren harten Kritiker und der Grundangst, nicht gut genug zu sein. Er ist herausgefordert, sich mit seinen hohen Ansprüchen auseinanderzusetzen, sich sein Idealbild abzuschminken und seine nüchterne Realität zu erleben. Ein schmerzhafter Prozess! Wenn diese Phase durchgestanden ist, kann er wieder die Freude und Faszination des freien und spontanen Tuns erleben. Er entwickelt ein immer feineres Gespür für seine eigene Wahrheit und macht sich unabhängig von der Meinung anderer.                                       

Verantwortung:

Als Leiter gebe ich kein Urteil ab. Ich erteile weder Ratschläge noch Empfehlungen. Doch mit meinen Impulsen und Vorschlägen ermutige ich den Malenden, auf seinem Bild zu experimentieren, Risiken einzugehen und Erfahrungen zu sammeln. Die Entscheidung liegt jedoch immer beim Malenden. Er übernimmt die volle Verantwortung für sein Handeln und trägt auch die Konsequenzen, die sich daraus ergeben.         

Fehler, Probleme, Krisen:

In unserem Leben haben wir ständig erfahren, dass Fehler zu vermeiden, Probleme lästig und Krisen unerwünscht sind. Fehler werden bestraft, Probleme sind frustrierend und Krisen eine Schande. Alle drei versuchen wir darum, krampfhaft zu vermeiden. Wir verwenden unsere gesamte Energie, sie zu verstecken, zu kaschieren, zu verheimlichen. Dadurch fehlt uns die Kraft, Lösungen anzustreben. Wir bleiben stecken. Entwicklung ist nicht mehr möglich. Am liebsten möchten wir aufgeben, fliehen. Beim wertfreien System im Atelier ist der Malende herausgefordert, sich den Problemen zu stellen. Dadurch werden Lösungen möglich.                                   

Gefühle von Enttäuschung, Hilfelosigkeit, Ratlosigkeit, Hoffnungslosigkeit und Lähmung sind entscheidende Wegweiser auf dem Weg zur Lösung. Die Spannung ist unangenehm und oft kaum zu ertragen. Doch gerade in dem Moment, da die Probleme unüberwindbar und die Krisen abgrundtief scheinen, wachsen sehr oft erstaunliche Kräfte. Gestaute Gefühle, wie Wut und Trauer brechen durch und führen zu ungeahnten Lösungen.       

Lösungen sind Erfolgserlebnisse. Erfolgserlebnisse erzeugen Selbstvertrauen, das Gefühl, fähig zu sein, schwierige Situationen zu meistern. Selbstvertrauen gibt Mut, neue Risiken einzugehen. Schließlich kommt er Malende zur Überzeugung, daß nicht die Niederlagen, sondern die Konflikte, denen er sich nicht gestellt hat, ihn zu einem Versager machen.                            


Zeit: Lernen braucht seine Zeit. Wachstum braucht seine Zeit. Entwicklung braucht seine Zeit - und wir sind so schnell ungeduldig und entmutigt!                                    

Lernen wir vom kleinen Kind. Es braucht Monate, bis es auf seinen Füssen stehen und gehen kann. Immer wieder fällt es hin und tut sich so oft weh. Aber- es gibt nicht auf! Und eines Tages läuft es!                                                     

Leiter: Genau wie für die Malenden gilt auch für mich als Leiter das offene Wertsystem. Ich muss jederzeit bereit sein, Fehler zu machen, Risiken einzugehen und mich Konflikten zu stellen. Auch ich bin verletzbar, stehe zu meienen Stärken und Schwächen, teile Gefühle und Empfindungen, zeige Betroffenheit und Freude.


.....Und wenn es etwas gibt, daß ich gerne mit meiner Arbeit vermitteln möchte, dann dies:

TRUST THE PROCESS!